Matthew Messer
Chefredakteur
Über Depression wird nur selten vermutet, dass sie auch mit dem Mangel eines Mikronährstoffs zusammenhängen könnte. Das Folat ist aber ein solcher Stoff. Es lässt sich nur vermuten, welche der zahlreichen biologischen Funktionen des Vitamin B9 genau für die Entstehung von Depressionen verantwortlich ist, die Forschungen belegten jedoch genau, dass sein Mangel als wesentlicher Risikofaktor gilt.
Bei einer Metaanalyse aus dem Jahr 2007 wurden 11 Studien sowie die Daten von insgesamt 15315 Menschen analysiert. Man hat festgestellt, dass bei einer unzureichenden Folatversorgung das Depressionsrisiko um 42% steigt. (1) Patienten, die MTHFR Genmutationen haben (die die Transformation der Folate zu Methylfolat verringern) kommen Depressionen um 36% häufiger vor als bei Menschen ohne diese Genmutationen, was wohl am niedrigeren Folatspiegel liegt. (2)
Woran liegt das wohl?
Eine wichtige Aufgabe von Vitamin B9 ist es, das Homocystein zu Methyonin zurückzutransformieren. Ein Nebenprodukt von diesem Stoffwechselprozess ist ein Molekül namens SAMe, das wegen seiner Funktion als Antidepressivum wichtig ist. Höchstwahrscheinlich ist der niedrige SAMespiegel das Hauptproblem bei der Entstehung von Depressionen. SAMe steht nicht nur im Zusammenhang mit MTHFR Mutationen, sondern ist auch an sich eine effektive Behandlung gegen Depression. (3) Die niedrige Folatzufuhr und die MTHFR Mutationen können also den SAMespiegel senken, was zu einem niedrigen Serotoninspiegel und zu Depressionssymptomen führen kann. (4) Zum Glück gibt es mehrere Möglichkeiten, dem vorzubeugen.
Zwar ist von der Ergänzung von Mikronährstoffen bei der Behandlung von psychiatrischen Krankheiten nur selten die Rede, das Folat wurde aber schon als ergänzende Therapie gegen Depressionssymptome getestet. Eine Folsäureergänzung führte zu gemischten Ergebnissen, die Methylfolatform zeigte sich jedoch erfolgsversprechender, und in einer Untersuchung ergab sie als Ergänzung der traditionellen Therapie eine deutliche Verbesserung. (5)
Folat kann eine effektive Behandlung ermöglichen
In einer Übersichtsstudie aus dem Jahre 2003 wurden die Ergebnisse von drei klinischen Studien analysiert. In zwei Studien bekamen die Probanden 15 mg Methylfolat, während in der dritten 500 mcg Folsäure. In allen drei Untersuchungen hatte die Folatergänzung positive Ergebnisse, doch die Ergänzung von Methylfolat ergab die besseren Resultate. Die Metaanalyse stellte fest, dass die Folatergänzung Depressionssymptome linderte, sodass sie eine vielversprechende Therapie bei der Erkrankung sein könnte. (6) Es muss aber unbedingt erwähnt werden, dass in diese Untersuchungen ausschließlich Patienten mit Folatmangel gewählt wurden. Das ist wohl der wichtigste Aspekt, denn bei einer ausreichenden Folatversorgung ist eine weitere Ergänzung nicht mehr wirksam. Das wird später noch näher erläutert.
In einer randomisierten Studie aus dem Jahr 2014 bekamen die Probanden täglich 5 mg Folsäure zu ihren Antidepressiva. (7) In dieser Untersuchung achtete man im Gegensatz zu der vorigen darauf, dass keiner der Probanden an Folatmangel litt. Das Ergebnis ist daher vielleicht gar nicht überraschend: eine Folsäureergänzung führte zu keinem bedeutenden Ergebnis.
In einer 2012 veröffentlichten Studie wurde die antidepressive Wirkung von Methylfolat in zwei aufeinanderfolgenden klinischen Untersuchungen getestet. Es wurde als Ergänzung zur traditionellen Therapie bei Patienten angewendet, die nicht gut auf Antidepressiva reagiert hatten. In der ersten Untersuchung war die Ergänzung von Methylfolat nicht wirksamer als die traditionelle Therapie, in der zweiten jedoch schon. Die Depressionssymptome verringerten sich doppelt so stark bei den Probanden, die Methyfolat bekamen, als bei denen, die nur an der traditionellen Therapie teilnahmen. (8)
Worauf also geachtet werden soll
Für eine ausreichende Folatversorgung sollten möglichst viele Speisen verzehrt werden, die reich an Vitamin B9 sind, obwohl die Resorption des Folats in der Nahrung nicht immer effektiv ist. In einer Studie, wo die Wirkungen von zu gleichen Mengen ergänzten Nahrungsfolat, Folsäure und Methylfolat untersucht wurden, wurde von Nahrungsfolat nur ein Drittel so viel resorbiert, als von Folsäure oder Methylfolat-Ergänzungen. (9) Außerdem gibt es bei vielen Leuten auch noch die MTHFR Mutation, die die Transformation von Folat zu Methylfolat hemmt. Um das zu beheben, sollte besonders auf die Zufuhr von Vitamin B2 und B12 geachtet werden, da die MTHFR-Mutationen nur dann Probleme verursachen, wenn ein Mangel an diesen Vitaminen besteht. (10)
Auf die Zufuhr von Kolin, Betain und Nahrungsmittel, die weitere Methylgruppen liefern, sollte ebenso geachtet werden, da sie ähnlich wie das Folat den Homocyseinspiegel senken und die gleichen biologischen Prozesse wie das Folat unterstützen. Die angemessene Proteinzufuhr ist auch wichtig, da sie die Aminosäure Methionin liefert. Letzteres ist jedoch in zu großen Mengen ungünstig. Bei diesen Symptomen ist also eine Methylfolat- oder SAMeergänzung eine Probe wert, worüber man seinen Arzt aber auf jeden Fall konsultieren sollte.
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