Matthew Messer
Chefredakteur
Skorbut war schon lange vor der Entdeckung von Vitamin C bekannt. Im Zuge langer Schiffsreisen auf dem Meer kam es häufig vor, dass mehr als die Hälfte der Besatzung vor dem Ende der Reise verstarb. Symptome von Skorbut waren entzündetes, blutendes Zahnfleisch, verschiedene Gelenk- und Hautprobleme, Müdigkeit und ein allgemeines Unwohlsein.
Zum großen Glück aller Seefahrer beobachtete der schottische Arzt James Lind, dass sich Skorbut mithilfe verschiedener Zitrusfrüchte wie Orangen und Zitronen vorbeugen und heilen ließ. Auf längeren Schiffsreisen wurde wegen seiner Haltbarkeit später auch Sauerkraut verwendet, das – wie sich herausstellte – ebenfalls zur Vorbeugung der Krankheit geeignet ist.
Hexuronsäure?
1928 isolierte Albert Szent-Györgyi erstmals Ascorbinsäure, wobei er interessanterweise aber nicht auf der Suche nach Vitamin C gewesen war. Er gab dem neuentdeckten Molekül den Namen Hexuronsäure und führte seine sonstigen Forschungen fort. Erst vier Jahre später belegte ein gewisser Charles Glenn King, dass es sich beim schon lange gesuchten Vitamin C um nichts anderes handelte als die von Szent-Györgyi entdeckte Hexuronsäure. (1)
Zur Supplementierung hoher Dosen von Vitaminen und zur Popularisierung der Nahrungsergänzung hat jedoch Linus Pauling, ebenfalls Nobelpreisträger, in hohem Maße beigetragen. Seiner Ansicht nach sollten bestimmte Vitamine in weitaus höherer Dosis eingenommen werden, als zur schlichten Behebung von Mangelerscheinungen notwendig wäre, und dies gelte vor allem für Vitamin C. Pauling selbst veröffentlichte ebenfalls Studien zu Vitamin C und schrieb sogar ein Buch über diesen Nährstoff. (2) Für seine Ansichten erhielt er seinerzeit viel Kritik, doch inzwischen ist in zahlreichen Studien belegt worden, dass verschiedene Mikronährstoffe, darunter auch Vitamin C, viele positive Effekte haben, wenn sie in höherer Dosis als der empfohlenen Tageszufuhr eingenommen werden.
Weshalb brauchen wir Vitamin C?
Vitamin C ist für eine Reihe wichtiger biologischer Funktionen erforderlich, die bei Vitaminmangel nicht problemlos ablaufen können. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind die wichtigsten Eigenschaften von Vitamin C die folgenden:
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Vitamin C ist einer der wichtigsten Antioxidantien des Körpers. Das natürliche antioxidative System, von welchem Vitamin C ein unentbehrlicher Bestandteil ist, verringert den oxidativen Stress, der durch freie Radikale, Giftstoffe aus der Umgebung und Infektionen hervorgerufen wird. (4) Eine gesteigerte oxidative Belastung und die damit einhergehenden Entzündungen können Auslöser verschiedener chronischer Erkrankungen sein. (5)
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Vitamin C ist für die Kollagenproduktion erforderlich und trägt somit zur Gesundheit von Haut und Gelenken sowie zu einer schnelleren Heilung von Verletzungen bei. (6,7)
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Infektionen können den Vitamin-C-Bedarf stark erhöhen, da ein Mangel an Vitamin C die Aktivität der Immunzellen verringert und somit das Infektionsrisiko erhöht. (3)
Welche Effekte hat die Einnahme von Vitamin C?
Studien zufolge hat eine ergänzende Einnahme von Vitamin C zahlreiche Vorteile:
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Die Dauer von Erkältungen wird verringert, und bei Sportlern und schwere körperliche Arbeit verrichtenden Personen treten Erkältungen nur halb so oft auf, wenn Vitamin C supplementiert wird. (8)
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Es wirkt antioxidativ, verbessert den Blutkreislauf und wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus. (9,10)
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Es fördert die Kollagenproduktion und führt so zu einer schnelleren Genesung bei Verletzungen der Knochen und Gelenke. (11)
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Eine erhöhte Vitamin-C-Zufuhr verringert das Risiko verschiedener Krebsarten. (12) Bei Anwendung in therapeutischer Dosis wurden verschiedene, Tumoren entgegenwirkende Effekte nachgewiesen. Intravenös angewandt konnte Vitamin C die Lebensqualität der Patienten verbessern. (4,13)
Gibt es einen Unterschied zwischen natürlichem und künstlichem Vitamin C?
Zwischen künstlich hergestelltem und in natürlichen Lebensmitteln enthaltenem Vitamin C gibt es keine Unterschiede, denn sie enthalten dasselbe L-Ascorbinsäure-Molekül. Es wurden mehrere Studien dazu durchgeführt, ob in der Absorption Unterschiede auftreten, die alle zum gleichen Ergebnis kamen: bei gleicher Dosis absorbiert der Mensch beide Arten gleich. (14)
Selbstverständlich enthalten natürliche Lebensmittel jedoch viele weitere nützliche Stoffe, die zum Teil ähnliche Eigenschaften haben wie Vitamin C und dessen Wirkung synergetisch verstärken können. Diese können bereits verbrauchtes Vitamin C etwa regenerieren oder dessen Absorption hinauszögern. Ein Beispiel für derartige Stoffe sind die in Zitrusfrüchten enthaltenen Bioflavonoide, die ebenfalls antioxidativ wirken und den Blutkreislauf verbessern. (15)
Wieviel Vitamin C sollte man einnehmen?
Die offiziell empfohlene Menge liegt bei 65-90 mg pro Tag, während die als sicher geltende Höchstmenge 2000 mg beträgt. Ein erhöhter Vitamin-C-Spiegel im Körper verringert das Risiko mehrerer Krankheiten erheblich, doch um den hierfür notwendigen Spiegel zu erreichen müssen mindestens 200 mg Vitamin C pro Tag aufgenommen werden. (18)
In Studien, die eine Supplementierung von Vitamin C für vorteilhaft befanden, wurden meist Dosen zwischen 500 mg und 2000 mg pro Tag verabreicht. Eine derart hohe Zufuhr ließe sich über die Ernährung nur sehr schwer komplett decken. Deshalb ist die Verwendung verschiedener Ergänzungsmittel notwendig.
Die Absorption muss beachtet werden
Vitamin C wird relativ schnell ausgeschieden, und je höher die Dosis, desto geringer der absorbierte Anteil. Bei einer Dosis von 200 mg werden noch mehr als 90 % verwertet, doch bei 1000 mg nur 50 %. Daher sollte Vitamin C über den Tag hinweg in mehrere Portionen aufgeteilt eingenommen werden, oder in Form eines kombinierten Präparats mit weiteren Wirkstoffen, die seine Absorption verbessern.
Eine tägliche Zufuhr von 200-500 mg Vitamin C genügt bei den meisten Menschen zur Sicherung eines ausreichenden Vitamin-C-Spiegels, doch in bestimmten Fällen kann auch eine Einnahme von 1000-2000 mg Vitamin C sinnvoll sein.
Hat die Einnahme von Vitamin C negative Effekte?
Bei Vitamin C handelt es sich um eines der sichersten Ergänzungsmittel, das normalerweise auch in hohen Dosen gut verträglich ist und keine Nebenwirkungen verursacht. Bei Einnahme von zu viel Vitamin C kann es jedoch zu Durchfall kommen, was gleichzeitig ein Anzeichen dafür ist, dass der Körper keine so hohe Dosis benötigt. Die Darmtoleranz kann sich individuell unterscheiden und im Fall von Infektionen deutlich ansteigen.
Ein Effekt von Vitamin C, und damit auch von anderen sauren Speisen, ist die Steigerung der Absorption von Eisen aus pflanzlichen Quellen. (16) Das kann im Falle von Eisenmangel vorteilhaft sein, doch da sich Eisen auch im Organismus anhäufen kann und langfristig zu ernsten Problemen führt, sollte die Einnahme von Vitamin C getrennt vom Verzehr von Speisen mit hohem Eisengehalt erfolgen - es sei denn, die Absorption von Eisen soll gezielt gefördert werden. (17)
[Das Titelbild der Notiz zeigt Brokkoli. 100 Gramm enthalten 89 mg Vitamin C, was die gesamte empfohlene Tagesdosis abdeckt.]
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